Last updated on 27. Februar 2023
Ein Blick? – Ein Zuzwinkern? – Ein Sich-hübsch-Machen?
Ups, das hilft ja nicht!
Wie nähert man sich blind an?
Warum dieser Beitrag in der Kategorie Hochzeit steht? – Nun ja, ohne Annäherung keine Hochzeit. Es sei denn, man steht auf eine „Blind Marriage“. Schöner Begriff in unserem Zusammenhang, gibt es aber wirklich in Anlehnung an ein „Blind Date“. Das war trotz Blindheit allerdings nicht unser Modell.
Es gibt viele Möglichkeiten, oben genannte Aktivitäten zu kompensieren. Jedoch sind bei uns auch erstmal ganz klassische Grundlagen notwendig: man muss sich erstmal über den Weg laufen. Nein, es war nicht ganz klassisch die Arbeit, es war das Hobby. In diesem Fall – wie die Startseite schon sagt – der Sport. Für mich grundsätzlich nicht die große Überraschung. Allerdings hatte ich diesen Sport erst wenige Monate zuvor begonnen, als meine heutige Ehefrau sich denselben Sport einmal ansehen wollte.
Eine Vereinskollegin brachte sie in unserem Training vorbei. Nathalie kam an diesem Abend zusammen mit ihrem damaligen Mann. Daher dachte ich natürlich, sie sei gar nicht frei. Tatsächlich war sie zu diesem Zeitpunkt schon von ihm getrennt, was aber noch kaum jemand wusste.
Nun passierte jedoch schon das Erste, was man sehend über den Blickkontakt macht: meine Frau nahm mich wahr. Natürlich nicht über das Sehen, sondern weil ich mich mit der ihr bekannten Vereinskollegin unterhielt. Das ist vergleichbar mit dem „jemand fällt einem ins Auge“. Sie fand mich an dem Abend zumindest schon interessant.
Zu unserer ersten wirklichen Begegnung kam es kurze Zeit später bei meinem ersten vereinsinternen Mannschaftsturnier. Meine spätere Partnerin begegnete mir morgens im Bus, wo sie mich aufzumuntern versuchte. Ich war verständlicherweise vor meinem ersten Turnier etwas nervös.
Richtig, das ist der nächste Schritt: man kommuniziert miteinander. Da die Körpersprache wegfällt, redet man einfach miteinander. Wenn Ihr also mal Interesse an einem blinden Menschen haben solltet, ist mit ihm zu reden eine gute Idee.
Das erste unbewusste Auf-sich-aufmerksam-Machen kam noch am selben Tag, obwohl mir das zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war. Wenn ich mich annähern möchte, style ich mich nicht. Vielmehr geht mit dem eigentlich sehr ruhigen Menschen die Klappe durch. Nathalie wagte zu fragen, ob sie in den Raum kommen dürfe, um sich ein Spiel meiner Mannschaft anzusehen. „Zuschauer sind hier unerwünscht!“ war meine Antwort. – Es darf der Hinweis erlaubt sein, dass eine meiner Schwestern mit meiner Mutter schon im Raum war. – Das mit der Annäherung hätte allerdings auch nicht geklappt, wenn Nathalie auf mich gehört hätte und gegangen wäre. Nein! Sie dachte sich „Du Arschloch! Jetzt erst recht!“ und kam trotzdem rein und guckte zu.
In den Folgemonaten sahen wir uns von Zeit zu Zeit im Training und lernten uns flüchtig kennen. Es gibt natürlich auch bei Blinden Möglichkeiten, auf sich aufmerksam zu machen. Es läuft dann eben nicht visuell ab, sondern verbal. Das war auch unsre Hauptmethode. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, Tuchfühlung aufzunehmen oder in Analogie zu dem Hübschmachen z. B. etwas wie Parfüm. Das nutzen ja auch Sehende, ist aber für Blinde unter Umständen noch etwas wichtiger.
Wir verzichteten einfach auf das Hübschmachen und verlegten uns auf die verbale Ebene. Wir sind beide nicht sehr schnell auf Berührung aus, da wir Wert auf unsere individuelle Distanz legen. – Das geht leider nicht immer.
Wenn ich jemanden sympathisch finde, riskiere ich schon mal eine große Klappe. Deshalb sah unsere Kommunikation neben normalen Unterhaltungen auch teilweise etwas anders aus. Es war nichts Extremes mehr wie beim ersten Turnier dabei, aber es gab durchaus bei Spielen ziwschen uns vorlaute bis unfreundliche Kommentare. Ich erinnere mich an ein beiläufiges „Die schon wieder!“, wenn wir gegeneinander spielen sollten. Genauso tat ich mehrfach meinen Unwillen kund, wenn wir uns zu Beginn des Trainings zufällig gemeinsam einspielten. Das funktioniert allerdings nur, wenn der andere weiß, dass man nicht grundsätzlich unfreundlich ist. Ach ja, wir standen bestimmt oft zufällig als erstes beim Einspielen …
Lustigerweise kam die wirkliche Annäherung, als Nathalie wegen Krankheit ein Turnier absagen musste. Da sie in dieser Zeit nicht selten krank war, veranlasste mich ihre Mitteilung über die Vereins-WhatsApp-Gruppe dazu, ihr persönlich zu schreiben. Das hatte ich bis dahin vermieden, weil ich doch nicht einfach so jemandem schreibe.
Jetzt kommen wir zu etwas, was Sehende und Blinde heute gemeinsam haben: die elektronische Kommunikation. Der Unterschied: wir schicken uns keine Bildchen. Dementsprechend war es nur Text. Wie aber schon beim Kennenlernen, kann man visuelle Kommunikation auch sehr gut durch Sprache kompensieren. Wahrscheinlich hätte ich ihr sehend einen lustigen Smiley oder irgendein anderes aufmunterndes Emoji geschickt. Aus bekannten Gründen wählte ich stattdessen Text.
„Ach, Mädchen, was machst Du denn immer?“ Das hätte sowas von schief gehen können, wenn sie durchaus nachvollziehbar „Was will der denn?“ gedacht hätte. Das tat sie nicht. Und der Rest? … ist Geschichte.
Auf ihre Antwort gehen wir vielleicht später ein, wenn es konkret um die Hochzeit geht. Jetzt wollen wir die Spannung noch ein wenig aufrecht erhalten.
Was passierte praktisch? Wir verabredeten uns, wie für viele von Euch bei Blinden zu erwarten, bei mir natürlich zum Film gucken. Unabhängig davon trafen wir uns noch mehrmals beim Training, was wir sehend auch nur bedingt getan hätten. Es handelte sich nämlich um einen Blindensport.
Gut drei Wochen nach meiner ersten privaten Nachricht waren wir ein Paar. Ihr war sehr schnell klar, was sie empfand und was sie wollte. Doch wie ich nun mal bin, brauchte ich die Zeit. Wie Ihr aufgrund unserer Heirat leicht erraten könnt, bereute ich meine Entscheidung nicht. Und Nathalie bereute nicht, auf mich gewartet zu haben.
Wie es weiterging? Demnächst hier im Blog!
[…] schwer. Wichtig ist zu wissen, was drin steht. Und was steht drin? Hier möchte ich auf den Artikel Wie alles Begann verweisen, in dem ich unseren ersten Chat ansprach. Auf meine erste Nachricht Ach Mädchen, was […]