Am Dreikönigstag hatten wir Besuch von meiner Schwägerin. Nach einem gemütlichen Essen zu dritt haben wir einen Ausflug zur Baustelle gemacht. Beeindruckend!
Seit unserem Besuch Anfang Dezember bei unseren Freunden hat sich wieder einiges verändert. Vor einem Monat waren drei Häuserreihen zugänglich. Heute verlief der Bauzaun bereits neben der vierten. Sie scheint noch nicht bewohnt zu sein, befindet sich aber schon „in Freiheit“.
Wir parkten das Auto auf Höhe dieser Häuserreihe und erkundeten die Baustelle. In der Fahrbahn der Anliegerstraße befindet sich noch eine Art Schwelle. Sie markiert förmlich noch den Übergang zwischen Wohngebiet und Baugebiet. Ab hier wird auch der Untergrund etwas unebener. Auf halber Höhe des Bauzauns war seitlich ein schmaler Fußweg offen geblieben, über den wir die Baustelle betreten konnten. Vorbei am Haus unserer zukünftigen Nachbarn ging es durch Berg und Tal zu unserem baldigen Zuhause.
Neue Entwicklungen
Fenster und Türen sind bereits seit einiger Zeit drin. Allerdings konnte meine Schwägerin gut durch die Fenster hineingucken. Drinnen sieht man schon die Konstruktionen für die Innenwände und eine Bautreppe ermöglicht den Zugang zum oberen Teil des Hauses. Trotz umgebendem Gerüst konnten wir auch mal die nackte Hauswand mit ihren gut fühlbaren einzelnen Steinen anfassen. Ein unglaubliches Erlebnis für mich, da ich noch nie zu so einem frühen Bauzeitpunkt auf Baustellen sein konnte.
Ein paar Meter vor unserer Haustür fiel mir plötzlich eine Art Mauer auf, die aber nicht wie eine Hauswand klang. Als ich die Hand ausstreckte, berührte ich eine Mauer aus Styropor-artigen Bausteinen. Sie fühlten sich beinahe an wie zu groß geratene Bauklötze. Seitlich konnte man gut die Schnittfläche des Styropors ertasten. Ich ging vorsichtig um die Mauer herum und stellte fest, dass sich dahinter eine weitere Reihe mit diesen Bausteinen anschloss. Dahinter waren noch ungefähr zwei Meter Platz, bevor die zukünftige Rückwand unseres Nachbarhauses begann. Dieses Haus ist im Gegensatz zu unserem zum Teil bereits isoliert. Denn genau um Isolierbausteine handelte es sich.
Meine Schwägerin fotografierte für uns aus unterschiedlichen Blickwinkeln den Baufortschritt außen und innen. Währenddessen begutachteten wir erneut total hin und weg unser Haus, das Nachbarhaus und die zukünftige Isolierung. Spannend, wenn man sie plötzlich als Einzelbausteine und nicht überputzt an einer Hausfassade anfassen kann. Fasziniert und interessiert bewegten wir uns – vorsichtig – über die Baustelle, um ein Gefühl für die ganze Umgebung zu bekommen.
Das Leitsystem
Nach Verlassen des umzäunten Bereichs wollten wir uns noch das Blindenleitsystem angucken. Dieses soll uns die Orientierung im Neubaugebiet erleichtern. Einen grundlegenden Beitrag über Blindenleitsysteme werde ich demnächst nachliefern. Leider besteht das vorhandene nach unser beider Einschätzung lediglich aus einer vertieft konzipierten Regenrinne als Abgrenzung zur Straße einerseits. Andererseits wird der Gehweg von den eigentlichen Grundstücken durch ein sogenanntes Rundbord abgegrenzt. Von meinem Empfinden ist dies eine wenige Zentimeter hohe Kante, an die kleinere Steine – vermutlich Pflastersteine – als unterschiedlicher Bodenbelag auf den Grundstücken anschließen.
Regenrinne und Rundbord als Leitlinien können bei gutem Wetter unsere Orientierung verbessern. Wenn Laub oder Schnee auf dem Gehweg liegt, dürfte sich das Ganze vollkommen anders darstellen. Die Vertiefung der Regenrinne wird in Verbindung mit darauf und darin liegendem Laub nur schwierig zu finden sein. Mit Schnee dürfte es ein schieres Ding der Unmöglichkeit werden. Genauso verhält es sich mit dem Rundbord. Bei wenig Laub oder Schnee wird die Kante mit dem Stock beinahe unkenntlich werden. Und da der Gehweg im Verhältnis zur Straße ebenerdig angelegt ist, wird es sicherlich im Herbst und Winter nicht nur einmal vorkommen, dass wir uns über den Umstand der Anliegerstraße werden freuen können. Nur so werden wir der Wahrscheinlichkeit eines Verkehrsunfalls beinahe gänzlich entgehen. Auf einer Durchfahrtstraße könnte es oft genug passieren, dass wir unter diesen Umständen unbeabsichtigt auf der Fahrbahn Autos in die Quere kommen.
Auf halber Strecke zwischen unserem Haus und dem unserer Freunde wird der Gehweg von einem Wendehammer unterbrochen. Das führt dazu, dass plötzlich nur noch die Regenrinne als Orientierungsmerkmal übrig bleibt. Natürlich kann man den Wendehammer auslaufen. Das bedeutet, dass man am Rand hineinläuft und mit dem Blindenstock immer an der Begrenzungskante bleibt. Wenn jedoch der Wendehammer wie jetzt noch als Parkplatz genutzt wird, kann es schnell passieren, dass man an der einen oder anderen Stelle nicht weiterkommt. Spätestens dann muss man sich von der Begrenzungskante und Orientierungshilfe lösen und „frei“ laufen. – Wohl dem, der über ein gutes Orientierungsvermögen verfügt.
Alle Blindenleitsysteme, die ich bislang gesehen habe, bestehen aus verschiedenartigen Pflastersteinen und der Nutzung gegebener Bedingungen der Umgebung. Verschiedene Pflastermerkmale wie Noppen- und Rippenplatten schienen mir bislang ein essentieller Bestandteil solcher Leitsysteme zu sein. Bislang bin ich zu diesem Thema interessierter Laie und schlimmstenfalls Leidtragender gut gemeinter und oft misslungener Umsetzungen. Wer kann und möchte, darf mittels Kommentarfunktion gern mit mir diskutieren oder mir noch Wissen vermitteln.
In unserem zukünftigen Neubaugebiet gibt es genug Vorkommen, die gekennzeichnet werden könnten. Zuallererst bietet sich die Markierung von Beginn und Ende des Wendehammers an. Auch die Zugänge zu den Müll- und Fahrradeinhausungen ließen sich besser mit Unterschieden in der Pflasterung auffinden. Am Anfang und Ende der Anliegerstraße wird sich ein sogenanntes Aufmerksamkeitsfeld befinden, um auf die veränderte Verkehrssituation hinzuweisen. Darüber hinaus berichtete mir der Bauleiter, dass sie als Bauträger genau diese Pläne verfolgt hätten, möglichst viel zu kennzeichnen. Anscheinend sind sie von einem bundesweiten Kompetenzzentrum für Blinde und Sehbehinderte eines Besseren belehrt worden. Dies befremdet mich sehr. Aber natürlich kenne ich die genauen Pläne nicht und kann somit nicht beurteilen, ob sie praktikabel gewesen wären. Letztlich müssen wir im besten Fall über mehrere Jahrzehnte hinweg mit den Beratungsergebnissen klarkommen.
Fazit
Zusammenfassend kann ich wiedermal feststellen: Es ist unglaublich beeindruckend, in größeren Abständen die Fortschritte an unserem zukünftigen Haus zu verfolgen. Leider können wir nicht regelmäßig im wöchentlichen Rhythmus hinfahren und gucken. Da sind wir auf unsere Freunde und zukünftige Nachbarn angewiesen, über Fortschritte auf dem Laufenden zu bleiben. Wenn beispielsweise zwischendurch meine Schwägerin da ist, können wir die Gelegenheit nutzen hinzufahren. Dann haben wir jemanden dabei, der uns gut die Fortschritte beschreiben kann.
Es ist spannend und aufregend zugleich, dem eigenen Haus entgegen zu fiebern. Plötzlich werden kleine Veränderungen wichtig und eine Baustelle wieder zum Abenteuerspielplatz. Ich würde gern oft dort sein, weiß aber rational, dass es mir ohne visuelle Wahrnehmung oder sehenden Vertrauten nur bedingt etwas bringt. Aber die Freude und Vorfreude wächst!
Kommentare